Sonntag, 22. Dezember 2013

Pünktlich verspätet, wie es in Uganda halt so ist..

Time flies! Gute vier Monate sind rum. Mittlerweile ist das Leben in afrika alltäglich geworden und ich weiß garnicht was ich hier eigentlich aufregendes mitteilen könnte. Ich habe mich gut in meinem großen Haus eingelebt und es wird immer wohnlicher. Ich versuche so viele Bilder wie möglich zu malen, wenn es meine Zeit erlaubt, um meine anfangs sehr kahlen Wände damit vollzuklatschen.

Auch das Alltagsleben mit dem Krankenhauspersonal, vor allem aber mit den Nonnen, erscheint mir nun sehr familiär. Jeder kennt die Macken der anderen mehr oder weniger gut, es wird viel geblödelt und wenn auch selten gestritten. Dazu muss man wissen, dass Ugander absolut nicht direkt und offen über Probleme oder Ungereimheiten sprechen können. Wenn überhaupt mal etwas angesprochen wird, gibt es nie Addressaten. 

Genau diese Konfliktscheue macht auch meine Arbeit mit dem Rettungsdienst nicht unbedingt leicht. Ich persönlich kann gut über Dinge meckern, wenn sie mir nicht passen oder nicht so funktionieren wie sie sollten. Ebenso finde ich ehrliches, gerade heraus addressiertes Feedback gut und hilfreich, auch wenn es einem erstmal nicht so recht schmecken mag. Durch immernoch vereinzelte Notrufe (ca. 3-4/Woche) erscheint es den Teammitgliedern oft nicht als notwendig das System dauerhaft in in gutem Zustand zu halten, sodass, wenn dann endlich mal ein Ruf eingeht, sofort und ohne Mängel drauf los gearbeitet werden kann. 

Das absolut Anstrengendste hier in Uganda ist also für mich das Team zu motivieren einen dauerhaft guten Service zu gewährleisten. Dazu gehört auch möglichst viel teaminterne Kommunikation zu betreiben und Raum für Problembesprechungen zu schaffen. Doch so gut wie jede zweite Woche erscheinen viele nicht mal zu den wöchentlichen Meetings ohne sich vorher abzumelden. So sitze ich jeden Montag um fünf Uhr nachmittags und bange um rege Teilnahme. Meistens nehme ich mir ein buch mit, denn in Uganda habe ich in vier Monaten auch nicht einmal jemanden ohne minimal 15 Minuten Verspätung erscheinen sehen :D

Vergangenen Montag habe ich dem Team vorgeschlagen eine Weihnachtsfeier zu veranstalten, um die bisherige Arbeit wertzuschätzen und die Arbeitsmoral zu pushen. Interessant war für mich zu beobachten wie redselig das Team auf einmal wurde, sobald es um essen und bier ging :P. So wurden aus dem sonst maximal 45 minütigen Meeting ein 120 minütiges. Ich hoffe, dass es das Team etwas zusammen bringt und ihnen das Rettungssystem so präsenter wird. Seitdem ich gekommen bin, wirkt es für mich so, als nähmen sie das System als anhängsel des Krankenhauses wahr. Ich habe nicht das Gefühl, als würden sie das auch finanziell große Potenzial der Ambulanz sehen.

Genug der Kritik. Persönlich geht es mir mit gelegentlichen Tiefs sehr gut und ich fühle mich gut aufgehoben. Allerdings fehlt mir immernoch der persönliche Kontakt mit Familie und Freunden, den ich aus Deutschland gewohnt bin. Hier in Uganda erscheinen mir persönliche gespräche oft oberflächlich und der kulturelle Unterschied in Kombination mit der Fremdsprache machen es mir teilweise unmöglich meine Probleme an noch so enge Freunde heranzutragen. Ich denke auch nicht, dass sich das in den restlichen acht Monaten ändern wird und ich werde auch weiterhin viel mit mir selbst ausmachen müssen. Ich betrachte es aber weniger als wirkliches Problem und mehr als eine sehr lehrreiche Erfahrung und Selbstübung. Allerdings hat einer meiner besten Freunde tatsächlich einen Flug hier gebucht und wird den ganzen März mit mir in Uganda verbringen. Schöntoll!

Passend zum Thema Selbstübung werde ich nächste Woche mein Schweige-Exerzizium machen. Eine woche nicht sprechen, nicht lesen, keine Musik, kein Sport und viel Kommunikation mit dem Selbst. Es wird auch eine Art der Vorbereitung auf Weihnachten. Obwohl ich nicht gläubig bin, ist Weihnachten für mich doch eine Zeit der ruhe und Andächtigkeit.

Zum thema Glauben hatte ich hier übrigens schon viele kritische aber auch lustige Diskussionen mit den Nonnen. Wie oft ich schon gehört habe, dass meine Mutter einen großen Fehler gemacht hätte mich nicht schon als kleines Kind getauft zu haben. darüber muss ich immer sehr schmunzeln und versuche zu entgegnen, dass es ganz im Gegenteil genau das richtige war, denn nur so konnte ich selbst darüber entscheiden ob ich mich mit einer Religion identifizieren kann. Obwohl die Gespräche sehr unterhaltsam sind und mir viel Aufschluss über das Lebensverständnis der Ugander geben, reden wir doch meist völlig aneinander vorbei. Ich denke auch das wird sich in Zukunft nicht ändern und das muss es vielleicht auch nicht.

Soweit wieder aus Kyamuhunga, ich hoffe euch allen geht es gut ohne mich, obwohl ich das für nicht sehr realistisch halte :) Frohe Weihnachten!



Affenfüttern im botanischen Garten Entebbe

Sonnenuntergang von meinem neuen Haus aus

in der Früh

mein Haus 360

November ist Heuschrecken-Zeit

Comboni-Jubiläum

Freitag, 1. November 2013

Lange funktionierte das Internet auf dem Gerät nicht, doch nun scheint das Problem gelöst und ich komme mal wieder dazu, ein wenig aus der Ferne zu berichten.



Kurz nach meinem letzten Eintrag war ich mit ein paar anderen Freiwilligen aus Bushenyi und Fort Portal zu Besuch in Entebbe. Dort angekommen ging es direkt los zu einer ugandischen Hochzeit, die um 14:30 Uhr beginnen sollte. Wie so oft hier zog sich alles etwas in die Länge und die Zeremonie begann erst als es bereits dunkel war - um 21 Uhr. Nichtsdestotrotz war es eine spaßige Erfahrung die Feier mitzuerleben, wenn auch ein bisschen aus dem Hintergrund. Nach der Hochzeit waren wir noch in einem ziemlich guten Club tanzen. Es war mein erster Discobesuch in Uganda und ich musste mich erstmal an die Tanzgewohnheiten der Ugander und vor allem der Uganderinnen gewöhnen. Spät und ausgelaugt quetschten wir uns zu viert auf zwei gefühlt hauchdünne Matratzen. Dementsprechend müde schleppten wir uns am nächsten Tag in den Zoo. Abends ging es zum eigentlichen Anlass des Besuchs - der deutsche Botschafter in Kampala hatte zur Wahlparty des Deutschen Bundestages eingeladen. Die Wahl konnte bei bestem Wetter live auf großer Leinwand im Garten des Goethe-Zentrums verfolgt werden, es gab Bratwürstchen, Kartoffelsalat und Freibier. Plötzlich stand man dort mit bestimmt hundert deutschen Freiwilligen verschiedenster Organisationen, deutschen Diplomaten und etlichen anderen Weißen und man hat ganz vergessen, dass man sich eigentlich in Ostafrika befindet. Nachts ging es im Matatu zurück ins ca. 45 Minuten entfernte Entebbe.


In Kyamuhunga hat sich in sofern einiges bezüglich des Rettungsdienstprojekts getan, als dass es kaum Einsätze gibt. Diese Regenzeit war verhältnismäßig trocken und die Ernte fiel schlecht aus, sodass die Leute den Transport nicht bezahlen können und daher garnicht erst anrufen. Das ist zumindest die Erklärung meiner Kollegen. Ich finde meine Vorstellung, dass einfach alle gesund sind, schöner.
Sehr erfreulich ist, dass ich der Rettungsdienst nun einen eigenen Fahrer hat und Funkgeräte zur Verkürzung der Alarmierungskette innerhalb des Teams auf dem Weg von Deutschland hier her sind.
Wie auch immer hatte ich außer einigen organisatorischen Dingen und zwei Werbeveranstaltungen für den Rettungsdienst in nahegelegenen Kirchen irgendwann nicht mehr viel zu tun und wusste nicht so richtig in welchem Bereich des Krankenhauses ich am liebsten arbeiten würde. Neben der Arbeit im Labor habe ich viel gelesen, geschrieben, Sport gemacht,  und Runyankore gelernt.


Zwei Wochen nach Entebbe sind zwei Freundinnen aus Kampala zu Besuch gekommen und zusammen mit zwei weiteren aus Bushenyitown wurde local food gekocht und eine Tagestour durch den Queen Elizabeth Nationalpark und zum Äquator unternommen.


Gleich ein paar Tage darauf lockerte sich eine meiner Zahnkronen. Eigentlich kein erzählenswertes Vorkommnis, aber für jemanden, der in Uganda noch nie in Behandlung war, ist es schwierig zu entscheiden an welchen Zahnarzt man sich wenden soll. Es endete damit, dass ich auf Anraten eines ugandischen Freundes im ca. 60 Minuten entfernten Mbarara auf dem Behandlungsstuhl eines sehr guten und erfahrenen Zahnarztes lag. In der gleichen Woche fuhr ich mit den zwei Freundinnen aus Bushenyitown (ca. 15 Minuten von Kyamuhunga entfernt) ins drei Stunden entfernte Fort Portal im Norden. Sehr ungewohnt war dort, dass es so viele Weiße gibt, die meistens in von Weißen geleiteten Restaurants und Bars untwerwegs sind. Grund dafür ist, dass dort viele NGOs ihren Sitz haben. Abends ging es also mit vielen Deutschen und Engländern Pizza essen und weiter in eine ziemlich gute open-air-Bar. Mir fiel auch auf, dass es in Fort Portal sehr viel kühler ist als im manchmal eh schon kalten Kyamuhunga.
Mal wieder übermüdet ging es am nächsten Tag in einer großen Gruppe und in einem völlig überfüllten Kleinbus zu den Moroma Waterfalls. Wir hatten ugandische Freunde dabei, die uns zwischen dem besteuerten, aber sicheren Weg und dem illegalen, unsicheren, aber Gebührenfreien Weg zu den Wasserfällen wählen ließen... Illegal und relativ gefährlich ging es einen steilen und rutschigen Abhang hinunter. Am Wasserfall angekommen, musste dieser natürlich erstmal hochgeklettert werden. Dabei rutschte ich so ungünstig aus, dass ich mir ein paar zünftige Wunden auf dem Schienbein zuzog. An sich auch keine große Sache, aber ich musste nach dem Sturz auch noch wieder hinunterklettern und dadurch hatten die Wunden viel Kontakt mit eher bedenklichem Wasser. Jedenfalls schwoll der Unterschenkel in den folgenden Tagen stark an und ich konnte kaum laufen, verarztete mich mit Antibiotikasalbe und dachte sogar über orale Antibiotika nach. Mittlerweile ist alles auch ohne orale AB gut verheilt.

Ein paar Tage nach der Heimkehr aus Fort Portal gab es für mich eher unerfreulichere Nachrichten. Eine der Nonnen, die ich sehr lieb gewonnen hatte, musste kurzfristig das Krankenhaus verlassen. Sehr cool war allerdings ihre Abschiedsfeier am Vorabend ihrer Abreise, es war quasi die erste Festivität für mich in Kyamuhunga zusammen mit fast allen Schwestern.



Durch die viele Reiserei konnte ich recht lange kein Basketballtraining in Mbarara mehr wahrnehmen. Das wollte ich nachholen. Am Samstag vor zwei Wochen traf ich mich also mit meinem ugandischen Kumpel (er ist Lehrer) aus Mbarara und wir trainierten zusammen mit anderen Lehrern eine größere Gruppe ca. 14-jähriger Mädchen aus seiner Schule. Am darauffolgenden Sonntag wollte ich eigentlich an einem größeren Show-Turnier teilnehmen, bekam aber vermutlich aufgrund von schlechtem Essen das erste mal Magenprobleme mit allem was dazu gehört und fuhr zurück nach Kyamuhunga, um dort einige Tage schwach und unfähig irgendwas zu mir zu nehmen herum zu vegetieren.



Ende letzter Woche fing ich wieder genesen an im OP zu arbeiten bzw. erstmal nur zu hospitieren und leicht zu assistieren. Ich durfte meine erste Geburt und eine Beschneidung beim Mann miterleben. Mitterweile gab es einige weitere Geburten und Kaiserschnitte. Schon ein komisches Gefühl den Moment mitzuerleben, wenn ein neues Leben beginnt.

Neustes Ereignis ist mein gestriger Umzug gewesen. Ich wohne nun alleine in einem ziemlich großen Haus mit fünf Zimmern und bin seit dem Einzug tüchtig am werkeln und sauber machen. Habe mir aufgrund der Größe erstmal direkt neue große Lautsprecher geschenkt und nun schallt es aus meinem wie aus jedem anderen ugandischen Haus.

Genug erzählt, in vier Wochen (oder so..) vertell ich dann wieder einen aus Kyamuhunga. Fotos dürfen aber natürlich nicht fehlen:


buh!

meine ehemaligen Nachbarn

Basketballtraining in Mbarara

Abschied von Sr. Theresa (Mitte)

Kazinga Channel nahe des Äquators

Maroma Waterfalls

Lake Victoria in Entebbe

Wahlparty im Goethe-Zentrum Kampala

Queen Elizaböff National Park

Dienstag, 17. September 2013

Erster Monat

Es fühlt sich nicht so an als wären tatsächlich schon vier Wochen seit meiner Ankunft vergangen. Es ist schon viel passiert - daher nun ein kleines Update:

Die erste Woche war von sehr gemischten Gefühlen geprägt - einerseits hab ich mich sehr gefreut hier zu sein, die Landschaft zu genießen, viele neue Vokabeln Runyankore zu lernen und die ersten kleinen Reisen zu unternehmen. Andererseits stand ich manchmal völlig neben mir und wusste nicht was ich hier zu suchen habe und welche Aufgabe ich erfüllen soll. Einige Stunden in der ersten Woche wollte ich mein Zimmer garnicht verlassen, weil es so anstrengend war 24/7 angestarrt zu werden und "Amuzungu!" hintergerufen zu bekommen. Hinzu kam eine Mittelohrentzündung von den vielen Jeepfahrten bei geöffneten Fenstern, Staub und Wind. Alles in Allem coole und gleichzeitig so auslaugende erste Tage, dass man sich vorstellen kann wie gut und früh ich abends schlafen konnte.

Doch nach ersten Unsicherheiten geht es bergauf: Langsam lerne ich mehr und mehr die Sprache, Gewohnheiten und Gesten der Banyankore kennen und muss nicht mehr so stark auf alles neue achten. So kann ich mich der Rettungsambulanz zuwenden und ihre Probleme, die meist organisatorischer Natur sind, erkennen und angehen. Es mangelt dem Personal an Motivation, die Fahrzeuge waren allesamt reparaturbedürftig, es gibt viele Geld- und Buchhaltungsprobleme und insgesamt bleibt vieles sehr undurchsichtig. Ohne Einsatzfahrzeug ging garnichts. Fast garnichts: Den Unfall eines Fischers aus der Umgebung werde ich womöglich nie vergessen. Der Mann hat ein Nilpferd provoziert (er muss betrunken gewesen sein, kein Afrikaner würde so etwas jemals nüchtern wagen) und es hat ihm die linke Hälfte seiner Hüfte weggerissen. Er hatte Glück überhaupt noch Not- und nicht Todesfall gewesen zu sein. So kam dieser Mann mit großem Blutverlust ins Krankenhaus, wurde transfundiert und noch erschreckender als der Unfall selbst war die Methode der hiesigen Ärzte die Knochenblutung mangels Alternativen zu stillen: Kerzenwachs. Danach brachten wir ihn ins nächstgrößere Krankenhaus. Es vergingen einige Tage bis ich mich davon erholen konnte..

Außer dieser medizinischen Katastrophe gab es aber auch Schönes - ein paar Tage besuchte ich meine Tutorin Anne, die mich auch vom Flughafen in Entebbe abgeholt hatte, und ich konnte ihren Arbeitsplatz in Ibanda und die Stadt selbst kennenlernen. Ich habe zwischen vielem Hin- und Herreisen meistens im Labor gearbeitet und einen Basketballplatz auf dem Schulgelände hinter meinem Haus entdeckt! Körbe sehr ramponiert, aber ich hab trotzdem drei Salti geschlagen.
Außerdem traf ich mich vor zwei Wochen das erste Mal mit dem Basketballteam in Mbarara. Es war irgendwie ulkig als einziger Weißer unter ca. 15 viel kleineren Schwarzafrikanern, die gefühlt alle schneller als Bolt und leichter als mein rechtes Bein sind. Aber Hut ab, nichts gegen ugandischen Basketball und nach einiger Zeit vergaß ich, wo und mit wem ich da eigentlich Basketball spielte. Danach lud Alex, der Trainer, ein paar Spieler und mich noch auf ein paar Bier zu sich nach Hause ein. Es gab viel gegenseitiges Basketballlob und schier endlose Diskussionen über bekannte Spieler und Spielzüge.
Letztes Wochenende ging es dann noch mit zwei deutschen Voluntärinnen in die Hauptstadt, um Visaangelegenheiten zu regeln, warme Klamotten zu kaufen (ich kann nicht glauben, wie kalt Afrika auch tagsüber manchmal sein kann) und so einige Feste mit vielen anderen Freiwilligen vom Roten Kreuz zu feiern.
Diese Woche werde ich hoffentlich etwas zur Ruhe kommen und in Kyamuhunga bleiben, um viel Papierkram für die Ambulanz zu erledigen. Neues aus Uganda in vier Wochen, ogumegye baanyabo na baasebo!

Um der textuellen Trockenheit Abhilfe zu schaffen..


 Krankenhausgelände vom Eingangstor gesehen

Schrottreifer Einsatzwagen

So sieht es kilometerweit rund um das KH aus

Blick aus unserer Unterkunft in Kampala

Parlament in Kampala

..never stops ;)

Labor

Sonntag, 25. August 2013

Lake Viktoria Beach in Entebbe
 Zwischenstopp während der Fahrt von Kampala nach Kyamuhunga
 Fishers Lodge Kyamuhunga

 Meine vermutlich vorläufige Butze

Donnerstag, 22. August 2013

Kampala und Ankunft in Kyamuhunga

Nach einer schlaflosen Nacht im Flieger nach Dubai, einem riesigen Kaffee während des dreistündigen Aufenthalts und einem weiteren, nicht enden wollenden Flug, landete ich am Flughafen in Entebbe. Nach weiteren 90 Minuten und mit 50$ weniger in der Tasche, hatte ich endlich ein vorläufiges Visum in der Hand.

Am Flughafen wartete meine deutsche Tutorin Anne auf mich und nach einer herzlichen Begrüßung fuhren wir an den keine fünf Minuten entfernten Strand des Lake Viktoria. Am liebsten wäre ich zur Erfrischung kurz rein gesprungen, doch außer im Lake Bunyonyi ist das Baden in Uganda überall bedenklich. Nach einem Bier ging es weiter nach Kampala, der Hauptstadt Ugandas. Dort kamen wir in den Räumlichkeiten der Zentrale aller Ordensgemeinschaften Ugandas unter. Abends ging mit dem Auto durchs unglaublich volle, laute und chaotische Leben der Innenstadt zu einer ruhigen Pizzeria. Satt und überwältigt von der neuen Welt fiel ich nach 36 Stunden ohne Schlaf in die Federn.

Am Montag lernte ich gleich die sehr gewöhnungsbedürftigen Behörden Ugandas kennen um mich in der Nursing Council Ugandas zu registrieren und dadurch mein Jahresvisum bekommen zu dürfen. Nach drei Tagen schier ewiger Rennerei zwischen Nursing Council, Immigration-Office und Internetcafé in Kampala erfuhren wir, dass alle auf der Webseite der Council angeforderten Dokumente, die ich mir mit viel Mühe in Deutschland besorgt, übersetzen und beglaubigen lassen habe, womöglich überflüssig sind und ich lediglich ein Formular vom Gesundheitssenator Bremens ausfüllen lassen muss, dass dieser widerum an die Council schickt. Cheers, Uganda!
Nichtsdestotrotz waren die Tage in Kampala ziemlich aufregend. Die Stadt ist unfassbar riesig, man benötigt gute zwei Stunden, um sie mit dem Auto durchfahren zu haben. Ihre Straßen sind voller Menschen, klapprigen Autos und Boda-Bodas. Das Sind kleine Motorräder, auf denen man hinter dem Fahrer aufsitzt und nach kurzem Preishandel recht günstig und nervenkitzelnd schnell durch den chaotischen Linksverkehr von A nach B gelangen kann - ohne jegliche Schutzkleidung, oft zu dritt und mit zusätzlichen Lasten (Windschutzscheiben, gefühlte 38000kg Kochbananen oder auch mal ein Bettgestell) auf einem Gerät.

Am letzten Tag vor der Abreise aus Kampala trafen Anne und zwei Mädchen aus Bayern, die ein dreiwöchiges Praktikum in einem Waisenhaus Igangas abgeleistet hatten und nun vor Abflug noch ein paar Tage in der Hauptstadt verbringen wollten. Bei einem gemeinsamen Abendessen berichteten sie mir von ihren ziemlich gruseligen Erfahrungen während ihrer Zeit in Iganga und ich befürchtete, vor allem Unterkunft und Personal könnten an meinem Arbeitsplatz in Kyamuhunga ebenso unerträglich sein..

Vor der ca. sechsstündigen Autofahrt in den Westen des Landes luden wir zwei Ordensschwestern ein, um sie nach fünf Stunden in Mbarara wieder abzusetzen. In Mbarara traf ich noch Alex, einen ugandischen Basketballtrainer, mit dem Anne zuvor ein Kennenlernen arrangiert hatte. Wenn alles klappt, kann ich nun also einmal wöchentlich ins eine Stunde entfernte Mbarara fahren und ugandischen Basketball erleben - mein Jahr hier ist gerettet ;) !

Weiter ging es über Ishaka nach Kyamuhunga zum letztendlichen Ziel der Reise. Hier habe ich bisher wenige Schwestern und Mitarbeiter des Combonyi Hospital kennen gelernt, doch viele werden folgen, denn es sind insgesamt ca. 100 Leute. Unter ihnen eine Krankenschwester aus Pennsylvania in meinem Alter, die ein zweijähriges Statistikpraktikum in verschiedenen Institutionen Ugandas absolviert, um ein Stipendium zu bekommen. Wir beide sind hier die einzigen Weißen im weiten Umkreis. Dementsprechend starren uns die Patienten und Einwohner verzaubert an, doch sofern man ein paar Worte Runyankore (die Sprache von mehreren Hundert Bantusprachen in Uganda) drauf hat, verwandelt sich das Starren in ein zögerliches, aber sehr freundliches Lächeln.


Das Leben, der Geruch, die Menschen, das Land und die Sprache hier in Uganda, aber vor allem auf dem Land ist so überwältigend anders (wer hätte das gedacht?!), dass mir bisher alles wie ein einziger Film vorkommt. Trotzdem fühle ich mich überraschend wohl und sicher, alle die ich persönlich kennenlernen durfte, sind sehr gastfreundlich und locker-lustig.

Soviel vorerst von mir,
Ossibiregye, kale

Dienstag, 30. Juli 2013

Die letzten Tage in Bremen

Heute habe ich es telefonisch erfahren - nur noch 18 Tage bis ich von Hamburg aus über Dubai nach Entebbe fliegen werde und spätestens jetzt wachsen langsam aber sicher Aufregung und Vorfreude. 
 
Seit Mitte Juni bis letzte Woche war ich maximal 48 Stunden am Stück zu Hause in Bremen - erst ein sehr hilfreiches und turbulentes Seminar als Vorbereitung für das Auslandsjahr, gefühlt in der nächsten Sekunde saß ich im Flugzeug nach Riga, um einen Freund zu besuchen und ebenso pausenlos legte ich fast direkt im Anschluss mit drei Freunden den Höhenweg in den Dolomiten hinter mich.

Nach mehr als einem Monat Hin- und Herreiserei wird es höchste Zeit für letzte praktische und mentale Vorbereitungen..